Ein Aufbruch ins Ungewisse. Gerade sind wir von Porto aus losgesegelt – Kurs Madeira. Über 600 Seemeilen liegen vor uns. Unsere bisher längste Überfahrt. Alles ist vorbereitet, alles seefest verstaut, alle Systeme gecheckt – und doch bleibt der Nervenkitzel: Wir wissen nicht, wie wir das meistern und verkraften werden.
Wenn es ganz gut läuft und wir zwischen Wind, Wellen und eventueller Seekrankheit ein bisschen Muße finden, wollen wir unterwegs an neuer Musik arbeiten.
Jetzt rollen wir in sich langsam lichtendem Nebel bei noch zu wenig Wind in der moderaten Atlantikdünung vor uns hin und warten auf den angekündigten guten Wind, um raumschots loszuzischen. Die Augen ständig auf der Suche nach der nächsten Fischerboje. Und wir hoffen sehr, keine Orcas zu sichten – in letzter Zeit interagieren sie hier gerne mit Segelbooten, und das leider nicht immer sanft.
Toitoitoi, wir melden uns!
Von den Blauen Bergen kommen wir – der Atlantik zwischen Porto und Porto Santo
650 Meilen Wasser, sechs Tage, fünf Nächte, wir zwei, unser Fuchur und ein Haufen Wellen, die eigentlich nur eins wollten: uns durcheinanderwirbeln.
Nachdem wir uns das bunte Porto ausführlich erlaufen und mit dem Linienbus erfahren hatten. Eine Stadt, die uns begeistert hat – wären da nicht die unzähligen Touristen, zu denen wir ja letztendlich auch gehören. Wir hielten uns möglichst abseits in den Seitengassen und genossen!
Dann blinkt uns Porto Santo, die kleine Insel direkt neben Madeira, an wie ein Schatz, ein Juwel, als wollte es sagen: „Willkommen, Überlebende der Wellen!“ und wir denken nur: „Ja, wir haben das wirklich durchgezogen. Und wir argwöhnten mal, es vielleicht nur bis Helgoland zu schaffen. Nun, schwupsdiewups finden wir uns auf Höhe Afrika wieder.“
Die See unterwegs? Ein wilder aber nicht hochprozentiger Cocktail: Nordwind 10–30 Knoten, Wellen von gemütlich wie Badewannenplätschern bis zu stolzen 3 Metern, ein bisschen Regen für Würze, sonst Sonne satt. Vor Mondaufgang alles pechschwarz, nur das Rauschen der Wellen begleitet uns. Danach: Sterne wie Konfetti und gespenstische Wolkenfetzen. Die Wellen kamen von überall, brachen hinter unserem Heck oder trafen uns seitlich, und wir rasten mit 7 Knoten davor und hindurch. Schlafen blieb dabei mehr im Status „optional“. Und jeder Handgriff und jeder Schritt: ein Mini-Abenteuer mit akribischer Planung.
Die Technik wollte auch Theater spielen. Die Vorsegel-Rollanlage zickte, das Spinnakersetup machte Faxen, das Stagsegel wollte unbedingt mittanzen. Aber hey, wir haben alles gerockt, mit Schweiß auf der Stirn, einem Grinsen und ein paar kniffeligen Momenten. Fuchur hat die Aktion noch mehr gefeiert als wir. Er flog übermütig über die Wellen dahin, ganz in seinem Element.
Es war nervig. Es war herausfordernd. Es war teilweise sogar ein bisschen aggressionsfördernd. Aber es kam nicht zu Mord;-) Zwischendurch: Cockpit-Dusche bei Wellenchaos. Wellness pur! Dagegen ist ein 5 Sterne Hotel nichts, man muss nur klebrig genug sein! Ein bisschen Wasser, ein bisschen Seebrise, ein bisschen Heldengefühl. Und diese Momente, in denen man einfach nur auf die Wellen schaut, das Herz in der Hand, den Wind in den Haaren… unbezahlbar. Und der Spaß? Absolut inklusive. Wir haben gelacht, geflucht, gelegentlich wild getanzt, und jede Sekunde davon in uns aufgesogen.
Wer jetzt Lust hat, ein Stück von diesem verrückten Atlantik-Trip selbst nachzufühlen: Song hören, Video gucken. Da rauschen die Wellen, fliegt der Wind, und ihr spürt ein bisschen von dem Chaos, der Magie und der Gänsehaut, die wir sechs Tage und fünf Nächte lang getankt haben. Spoiler: Fuchur lacht leise über unsere Menschensachen. Wir sind inzwischen einen Hüpfer weiter gesegelt, nach Madeira, aber dazu später mehr.
Hurra, die Ankerwinsch streikt beim Aufholen – also alles auf Anfang. Dabei war Fuchur schon segelfertig: Ankerball eingeholt, Badeleiter geborgen, Segel klar, Dinghy versorgt, alles seefest verstaut und ich hatte schon die Furlerleine und die Schot für das Einhand-Anker-Auf-Unter-Segeln-Manöver in der Hand. Stattdessen kommt am Steuerstand über unsere Walkie-Talkies aus dem Bug an: „Die Ankerwinsch streikt!“ Also Fehlersuche. Lieber hier in der Bucht, wo wir auf moderater Tiefe ankern, als später von Hand aus 15 Metern Tiefe aufzuholen. Wir vermuten den Fehler in der Elektrik und haben schon durchgemessen. Chris schraubt also gerade das Relais auseinander, ich nutze die gewonnene Zwangspause – endlich Blogzeit!
Ein Blogbeitrag ist für uns mehr als ein Reisebericht. Er ist wie eine kleine Zeitkapsel: innehalten im Fluss des Erlebens, sortieren, sichten – was war bedeutsam? Was erzählenswert? Für euch Leser:innen ist es vielleicht ein Blick hinter die Kulissen des Segelns, für uns ein Spiegel, der hilft, das Erlebte zu greifen.
Aber genau das ist oft schwierig. Ich wollte schon vor gut einer Woche anfangen zu schreiben – da kam er, der Regen-Blackout. Kreativ lähmend. Immerhin: ein paar Stichworte habe ich gerettet, die ich jetzt um eine weitere Woche voller Eindrücke und Erlebnisse ergänze.
Es war eine dieser Nächte. Schwell. Mücken. Obwohl wir den Ankerplatz sorgfältig gewählt hatten, um möglichst wenig Atlantikdünung abzubekommen. Um sieben klingelt der Wecker. Wettercheck noch im Bett: Regen – war so nicht angesagt. Wenigstens stimmt der Wind.
Chris ist zuerst wach, macht Kaffee. Dann Tagesplanung: Plan A, B, C – je nachdem, was Wetter, Boot und Tagesform zulassen. Plötzlich höre ich sein zögerliches, dann dringlicheres: „Helga, hier stimmt was nicht!“ – Was denn jetzt schon wieder?! Kann man das nicht gleich genauer sagen?
Ich stürze (so schnell es eben geht) aus der Vorschiffskoje. Rieche es sofort: Verhängnis. Unsere Powerstation qualmt. Obwohl sie ausgeschaltet ist. Mit vier Händen trennen wir schnell alles vom Solarnetz und bugsieren es ins Cockpit. Schnell eine Plane drüber gespannt, denn es darf ja auch nicht nass werden. Minuten später ist das Boot gelüftet. Aber wir sind erst mal stromlos. Kein Ofen, keine Mikrowelle, keine Induktion, kein Wasserkocher – kein „Buletti“ mehr, wie wir unsere geliebte Küchenhilfe nennen, weil sie uns Buletten, Kaffee und Co. zubereitet.
Also: kühlen Kopf bewahren. Mails an Händler und Hersteller, Garantieanfrage. Ob der Support wohl funktioniert ohne feste Adresse und bei unklarer Erreichbarkeit? Einschicken? Undenkbar. Warten? Auch keine Option. Wenigstens läuft der Gaskocher noch – der Kaffee ist gerettet. Danach: aufräumen, putzen, Alltag eben.
Dann schnell noch ein paar Dinge klären: deutscher Behördenkram, Ersatzteile recherchieren – etwa die AIS-GPS-Antenne, die uns seit dem Ärmelkanal fehlt (weshalb wir auf Vesselfinder und Co noch immer bei den Needles festhängen ;-). Essenszeit. Derzeit: Schlabbertoast. Das gute „Pan Barre“ ist alle.
Vielleicht einkaufen? Mit dem Dinghy an Land paddeln? Man versucht, einen Nachmittagsplan zu fassen – und später, endlich, sitze ich im trockenen Cockpit, bereit zu schreiben. Motiviert. Und dann… brodelt das Wasser.
Riesige Schwärme kleiner Fische – Sardinen, denke ich – tanzen ums Boot. Ich MUSS hinschauen. Lange. Natürlich. Ich nenne es jetzt meditatives Sardinen-Starren – sehr entschleunigend.
Wieder hingesetzt. Nächste Naturbühne. Ich springe auf, will es sehen, festhalten – und schon ist der Schreibmoment wieder dahin. Am Abend zum Hochwasser – das hier ganz ohne Uhr funktioniert – wird’s wilder. Delfine jagen bis kurz vor den Strand. Fischer setzen ihre Reusen aus – hoffentlich nicht über unsere Ankerkette, die wir morgen bergen wollen. Morgens ganz früh holen sie die Körbe direkt neben unserem „Schlafzimmerfenster“ wieder ein.
Gestern waren da Muscheltaucher. Stundenlang. Mit langen Pressluftschläuchen, direkt neben dem Boot. Klar stören wir irgendwie. Und doch: freundlich, rücksichtsvoll. Danke!
Wir hoffen immer noch auf frische Muscheln vom Markt oder Hafen. Bisher hat’s nie geklappt – Markt schon vorbei oder Rückweg zu lang. Ohne Kühlung keine gute Idee. Essen gehen? Nicht unser Stil.
Es passiert einfach zu viel. Immer. Und das erschwert es, über Vergangenes zu schreiben. Deshalb heute – als Versuch, alles zu sammeln – in Stichworten die 30 Tage seit der Biskaya:
Cedeira: Ankunft nach der Überfahrt. Rummel (Kirmes). Spaziergang in den Hügeln – fast wie Schottland. Regenwasser gesammelt – das Auffangsystem auf Bimini und Dodger funktioniert! (Dazu später mal mehr.) Wäsche gewaschen.
Ferrol (Castell San Felipe): Vor Anker. Erste Mückenplage. Kreuzfahrtschiff zum Anfassen nah. Schlepper machen Wasser-Feuerwerk. Castellbesuch: frei zugänglich, leer, 4 Katzen und ein paar Arbeiter beim Wiederaufbau. Ein Traum von Abenteuerspielplatz!
Redes: Allein am Ende der Ría. Langer, lohnender Fußmarsch nach Pontedeume.
Mera (bei A Coruña): Busausflug. Rückfahrt fällt aus wegen Triathlon. Busfahrer ignoriert uns – Sprachbarriere. Andere Spanier helfen mit Händen, Füßen, Google Translate. Dann Rückfahrt wenigstens einen Teil der Strecke, die letzten Kilometer zu Fuß, schwer bepackt. Ein netter Spanier zeigt uns seinen „geheimen Weg“.
Camariñas: Delfine direkt neben dem Ankerplatz. Wasser in Kanistern geholt (5 Mal mit dem Dhingy zum Strand). Wanderung in die Flussmündung, Stadtspaziergang, Küstenwanderung zum Kap. Wow!
Kap Finisterre: Ums „Ende der Welt“ gesegelt und später auch gewandert. Viel Wind. Busausflug nach Fisterra. Wir fallen mit unseren schweren Einkaufsrucksäcken zwischen den Pilgern gar nicht auf und hören oft den Gruß „bon camino“. Hier ist schließlich das Kür-Ende des Jakobsweges. Hat diesmal alles geklappt. Wir haben das mit der Busfahrerkommunikation auch extra vorher nochmal geübt. Basteltag an Bord.
Ría Muros – Aguieira: Erst in Esteiros geankert, dann nach Aguieira verlegt – besserer Windschutz. Reusenfischer, Dinghy-Ausflüge, Muscheltaucher. Nächtlicher Regen. Routenplanung bei Nieselwetter. Chris montiert endlich die Scheibenverschlüsse am Dodger richtig. Dann nochmal Ankerplatz gewechselt: Abelleira – Aguieira – hin und her, wegen Wind und Böen.
Pfingsten: Heiß! Jetzt hat auch Helga angebadet. Gleichzeitig: Thema Sonnenschutz & Mückenschutz. Wir basteln weiter an Patentlösungen und improvisieren auf hohem Niveau. galizien zeigt sich landschaftlich vielfältig: Norwegen in warm, Alpenseen mit Bushaltestellen zum Atlantik. Bis gestern ankerten wir vor einem fast menschenleeren Traumstrand, aber der stürmische Südwind (knapp 30 Knoten) hielt uns an Bord. Der Anker saß gut – auch die imposante Gewitterfront mit von Dauerblitzen rot erleuchteter Atmosphäre in der Nacht hat er tapfer ausgehalten – aber allein lassen wollten wir das Schiff nicht. Andere Boote kamen dazu, deren Anker eventuell nicht so zuverlässig halten. Kollisionen? Möglich. Bis vor Kurzem waren wir fast überall allein. Jetzt kreuzen sich die Wege mit anderen Seglern – dieselbe Route, derselbe Wind. Man trifft sich wieder oder sieht sich auf dem AIS.
Und dann – endlich: Angellizenz! Nach stundenlangem Recherchieren, Lesen, Verstehen, Durchklicken. Spanische Behördenwebseiten, Foren etc.. Ich fühle mit jedem, der der deutschen Sprache nicht oder nur wenig mächtig ist und z.B. versucht, in Deutschland einen Bauantrag zu stellen, um den Vergleich zu meinem alten Job zu ziehen 😉 Letztendlich war es halb Englisch, halb Spanisch über die katalonische Fischereibehörde online möglich, statt wie offiziell üblich x Kopien von x Formularen persönlich vorzulegen. Jetzt hoffen wir auf den ersten maßigen Fang. Muscheln dürfen wir nicht selbst sammeln – macht aber Sinn: Schutz der natürlichen Bänke.
Wir recherchieren viel. Beobachten, lernen, leben im Rhythmus von Wind, Wetter und Alltagsaufgaben. Und abends, wenn der Kopf einfach zu voll ist, gibt’s eine Folge Game of Thrones im abgedunkelten Schiffsinneren. Reset. Mückennetze anbringen. Jagd auf die kleinen Biester. Und dann: pure Dankbarkeit.
Mit oder ohne Strom – früher ging’s schließlich auch. Jetzt erstmal schauen, wo es Gasnachschub gibt. Gut, dass wir den Gasherd behalten haben.
Ach ja: Wir kämpfen immer noch mit der Zeitzone. Sonnenaufgang um 7 fühlt sich nicht wie kurz vor 5 Uhr an. Dieses von uns geliebte frische Frühaufstehergefühl fehlt. Aber dafür – das spüren wir in jeder Bucht – ist Galizien einfach monumental schön. Wir genießen die Tage. Die Nächte. Den Wind. Und das Leben auf Fuchur.
Wir haben den Fehler im Ankerwinsch-Relais gefunden und behoben (elektrische Kontaktschwierigkeiten). Dann kann es also jetzt weitergehen.
Wir melden uns!
Helga und Chris
So sieht der GPS-Track aus wenn wir länger ankernGanz da hinten: FuchurGanz da hinten: FuchurSardinen!Ganz da hinten: FuchurKap FinisterreWasser holen und einkaufentypischer GetreidespeicherBrücke deluxeGanz da hinten: FuchurGanz da hinten: FuchurA CorunaPontedeumeCastell St. Felipetypischer FriedhofAuch früher gab es Saunen an tollen OrtenRegen fangen
Ja, wir haben es wirklich getan. Wir haben unseren ganzen Mut zusammengenommen, den Anker aufgeholt, den Diesel mit zitternder Hand bezahlt – und sind raus. Raus auf den offenen Atlantik.
Drei Tage und Nächte, 330 Seemeilen und mindestens ebenso viele Ohs, Ahs und Autschs später hat Fuchur mit einem letzten Platscher in der Bucht von Cedeira geankert. Spanien! Festland voraus! Der Kaffeebecher steht wieder still. Halleluja.
Die Überfahrt?
Eine Mischung aus Hochseemärchen und Waschmaschinenprogramm.
Wind: gut.
Wellen: bis zu 2 Meter, aber mit Taktgefühl.
Atlantik: moderat gelaunt, aber nicht einschläfernd.
Schlaf? Haha. Dazu später mehr.
Es war, als hätte der Atlantik gesagt:
„Na gut, ich lass euch mal durch. Aber vergesst nicht, wer hier der Chef ist.“
Die große Biskaya-Vorabkalkulationsformel™
Was sich ausgezahlt hat? Unsere tagelange Vorbereitung. Und die sah ungefähr so aus:
B = (W × ΔW + T × ΔT) + (V ÷ S) + (P³ + Z²) + N ± K
Dabei gilt:
W = Wettervorhersagen (mind. 6 Apps, kein Konsens)
ΔW = Wetteränderung pro 12 Stunden
T = Tidenberechnung (kompliziert)
ΔT = Strömungsabweichung in Prozent (gefühlt, nicht gemessen)
V = geplante vs. realistische Geschwindigkeit
S = Schlafdefizit der letzten drei Nächte (in Stunden)
P = Proviantdiskussionen pro Tag („Was mögen wir essen? Werden wir seekrank?“ – Nein, wurden wir nicht.)
Z = Anzahl der Zoom-ins auf Windy/Waves/Forecast (exponentiell)
N = Nächtliches Grübeln (in Minuten)
K = Kaputtgeh-Panik (präventiv)
Ergebnis: Eine Mischung aus Seekarten-Zauberei, Schlafdefizit und staunenden Blicken über die Reling. Man nennt es auch: Abenteuer.
Was wirklich zählt
Nicht, wie oft wir versucht haben, im Salon nicht abzuheben. Nicht, wie viele Klamotten wir bei 30° Neigung im Halbdunkel über unsere Köpfe gezogen haben. Nicht einmal, wie wenig wir geschlafen haben – obwohl unsere gepolsterte Salonkoje wirklich ihr Bestes gegeben hat.
Das wahre Wunder war das, was wir gesehen haben.
Delfine. Viele. Tagsüber, nachts, leuchtend im Plankton, tanzend durch die Bugwelle. Wir haben versucht, das festzuhalten: in einem kleinen Video, untermalt von unserer neuen Fuchur-Melodie – weil Magie einen Soundtrack verdient.
Wenn ihr jemals glaubt, Delfine seien überbewertet – schaut es euch an. Und weint ein bisschen. Wir auch.
(Kleiner Hinweis: Ihr glaubt gar nicht, wie schwer es ist, die Kamera im richtigen Moment auf die richtige Stelle zu richten. Vor allem bei Seegang. Und mit salzigen Fingern.)
Angekommen. Angekommen?
Seit unserer Ankunft in Cedeira? Alltag deluxe:
Wäsche waschen mit Atlantikregenwasser und trocknen im Atlantikwind
Einkaufen mit Galiziens Charme, lecker Muscheln, Chorizo……
Wandern mit Aussicht auf endlos (manchmal ist es dann doch weiter als gedacht)
Jetzt gerade liegen wir vor Anker bei Mera, gegenüber von A Coruña. Die Sonne geht in Spanien spät unter, der Nordwind pfeift durch die Wanten. Die vorbeifahrenden Pötte erinnern uns mit plötzlichem wilden Hin- und Hergeschaukel daran, dass die Großstadt nicht weit ist. Morgen geht’s weiter. In die nächste geschützte Ankerbucht – nach Corme.
Zumindest ist das der Plan. Denn letztendlich hat immer der Wind das Sagen, wenn man auf einem Drachen reitet.
Ich glaub, es geht schon wieder los! Morgen früh noch im Sportboothafen von Douarnenez in der hintersten Ecke einparken, Wasser und Diesel tanken – dann wollen wir auch schon die Bretagne hinter uns lassen. Rund 35 Seemeilen nach Westen, um das für seine raue See berüchtigte Raz de Sein zu umfahren, dann scharf links – Kurs Süd! fast 400 Seemeilen über bis zu 4000 Meter tiefes Wasser. Die Biskaya wartet – mit Wellen, die schon viele Schiffe gefrühstückt haben. Ein großer Schritt für uns, der uns einiges an Mut abfordert.
Aber: erstmal zurückspulen.
Querung Nummer Eins Unsere erste Ärmelkanal-Querung war geschafft! Vor den majestätischen Seven Sisters verbrachten wir eine Nacht und einen Tag vor Anker – herrlich. Doch der Wind fand, wir hätten genug geguckt. Also: Anker auf und wieder ab in die Nacht.
Mit mutwillig verkleinerter Segelfläche schaukelten wir durch schwarze Dunkelheit, um zur richtigen Tide die Sandbank vor dem Naturhafen Chichester zu erreichen. Unter Deck: Hackewelle. Bewegung? Nur noch unfreiwillig. Ich (Helga) fluchte. Müde, durchgefroren, Fischerboote ohne AIS zickzackten wie betrunkene Glühwürmchen. Da wird die Seekoje im Salon zur Oase der Sehnsucht. Nur: Wenn man endlich rein darf, klappt das Einschlafen nicht – Teufelskreis deluxe.
Unsere kleine Liste der ersten Male
Erstes Watt-Ankern in Chichester: Fünf Meter neben dem Boot war plötzlich Sand zu sehen. Unsere Rechnung und Messung sagt: alles schick, also ruhig bleiben und tief durchatmen.
Durch den Solent: Tidennavigation, nächster Schritt – mit wachsender Begeisterung und einem nächtlichen Ankerplatz direkt vor den Needles.
Race (gefährliche See bei bestimmten Bedingungen) bei den Needles: Äh, ja – nicht ganz so gut abgeschätzt, aber noch im grünen Bereich. Augen auf und durch.
Statt St Albans Head (nächstes gefährliches Race): kein einschätzbarer Wind – also Kurswechsel zum 5-Freunde-Städtchen Swanage. Entgegen unserer Erwartung: hübsch, ruhig, leckeres Gemüse vom Markt.
Sturmtaktik: Versteckspiel in der hintersten Ecke von Poole Harbour – war nett, aber unnötig. Der Wind kam dann doch nicht so böse. Dafür: erstes Ankern zwischen den unzähligen Mooringbojen.
Langer Schlag nach Dartmouth (80 Seemeilen): Delfine, Wellen, 10 Knoten über Grund! Fuchur fliegt. Die Maßstäbe ändern sich – früher hätten wir uns bei den Bedingungen unwohl gefühlt, heute jauchzen wir.
Dartmouth selbst: Ankern mitten im Hafen. Seit Texel haben wir keinen Hafen mehr angelaufen – nur Ankerplätze. Herausfordernd aber befriedigend – und meist kostenlos.
Weiter den River Dart hoch bis Dittisham – dann nach Burgh Island, wieder vor Anker. Wir wären gern geblieben, aber das Wetter hatte andere Pläne.
Nächste Kanalquerung & französische Festspiele Der Wind meinte es ernst – also früh los, durch die Dämmerung. Wieder Delfine! Eine weitere durchgeschaukelte Nacht auf See, und dann: Bonjour Frankreich! Wie sind wir nur so schnell so weit gekommen?
Unser spektakulärer Ankerplatz: Pen Hir – dramatisch wie ein Piratenfilm in 3D. Camaret-sur-Mer haben wir durch das Hinterland zu Fuß erreicht (Kinderspiel, nur 3 km, wenn man sich an die Karte gehalten hätte und nicht hier und da noch schauen wollte). Supermarktdiskussionen mit Händen und Füßen und ein wenig eingerostetes Schulfranzösisch später, ein halbgarer Lieferdeal und am Ende: Brot trocken, Crew nass, Einkauf unvollständig – dafür gibt’s unerwartete Winddreher gratis, die einen am Ankerplatz schonmal nervös machen können.
Müffelklamotten & Schwell-Wecker Der Wind für die Biskaya war noch nicht ideal – also auf dem Weg zur nach Süden geschützten Ankerbucht ein erster Angelstop. Nach zwei Minuten: ein Pollack, reichlich für zwei Personen! Abends dann ein dramatischer Ankerplatz mit Gischt, Felsen und Atlantikschwell zum Anfassen – spektakulär, aber für Christian nicht besonders schlaffördernd.
Dann: Regen in Douarnenez. Historisches Flair, gute Dinghy-Landung (fast trocken) und ein paddelndes Vorbeischrammen an einer Hafenmauer, die für über 4,5 Meter Tidenhub gemacht ist – ein bisschen gruselig. Ja, wir paddeln manchmal statt zu rudern. Vorwärts zu zweit ist nämlich viel effizienter – sagt Helga.
Inzwischen ist fast alles salzwasserberührt – und trocknet nur halb. Riecht wie ein Hafen bei Ebbe, nur näher. Wir müssen dringend waschen, aber entweder es ist kein Süßwasser übrig oder zuviel davon von oben, und wo trocknen? Aber: um 2:45 Uhr wach werden, weil die gesamte Fischerflotte direkt an uns vorbeiknattert – unbezahlbar! Wer braucht schon Wecker, wenn das Meer dich persönlich anspricht?
Morgen geht’s los Christian kocht gerade Nudeln, Eier und Reis vor. Sandwichbrot liegt bereit. Morgen früh noch tanken – und dann: Biskaya, wir kommen! Wir melden uns. Hoffentlich nicht als Flaschenpost.
Ankern im WattAnkern im WattAnkerplatz NeedlesAnkerplatz NeedlesPizza!Ich mag BaugenehmigungenLeckerGo!Hallo!DartmouthDartmouthDartmouthDartmouthDartmouthDartmouthDartmouthWieder unterwegs!Burgh IslandMitten durch!Schöne AussichtPen HirPen HirDouarnenezLeckerFischereiflotte bei Nacht am Ankerplatz
Montag, 5:30 Uhr Es ist dämmrig, kalt, und wir hängen im Nord-Ostsee-Kanal schlaftrunken hinter einem Frachter wie ein Entenküken hinter Mama. Der Kanal verabschiedet uns mit einem überraschend fiesen Querstrom, ein paar garstigen Stahlpollern und – natürlich – Regen. Im NOK-Schleusenbecken von Brunsbüttel winken wir dem Nieselregen nochmal zu und drücken die Daumen: toi toi toi. Doch was folgt, ist eine Mischung aus Regendusche, Mini-Dodger-Kuscheln, Regenpause feiern und wieder von vorne. Wind, Welle und Strömung veranstalten ein außerordentliches Mitarbeitertreffen – leider ohne uns. Aber: Wir sind draußen! Auf der Nordsee!
Irgendwann, kurz nach Mitternacht Tuckern wir pantoffelheldenhaft unter Motor und mit Rückenstrom an Juist vorbei durch die rabenschwarze Nacht. Hoffentlich schwimmt da nichts, das in keiner Karte steht, kein AIS-Signal oder zumindest Positionslichter hat. Mit den Fischernetzen ist es eher wie Bingo. Unser Zickzackkurs bis Texel sieht am Ende aus wie eine Alpenüberquerung.
Mittwoch, gegen 14 Uhr Machen wir in der hintersten Ecke des Waddenhavens Texel fest. Danach folgt der ganz normale Wahnsinn: Segel klarieren, Ölzeug lüften, Wäsche aufhängen, Logbuch schreiben, Hafengeld zahlen, Dieselversorgung checken, Landstrom legen, kochen, umfallen.
Nach einem Hafentag bei Starkwind in Texel Inklusive einem sehr inspirierenden Besuch im Freilichtmuseum, geht es weiter Richtung England.
Querung Ärmelkanal
Freitag, 6:30 Uhr Erstmal Richtung Süden, und dann am Samstag kurz vor Mittag abbiegen für die Querung des Ärmelkanals auf Höhe Blankenberge (Belgien). Kein anderes Sportboot weit und breit, und uns drängt sich die Frage auf: „Sind wir hier eigentlich die einzigen Bekloppten?“
Die Querung fordert uns richtig heraus: 15–20 Knoten Wind, in unseren Augen ruppiger Seegang und eine Armada an Frachtschiffen in den Verkehrstrennungsgebieten, die uns keine Sekunde Entspannung lässt – von der Kälte selbst im dicksten Ölzeug ganz zu schweigen. Segeln bedeutet hier: ständig Kurs und Geschwindigkeit neu abwägen, unter Segeln ausweichen bei ordentlich Welle – eine Übung in Konzentration und Stehvermögen. Am Ende haben wir weiche Knie von den ständigen Ausfallschritten und schwitzen das erste Mal richtig, als wir dem letzten Frachter nur knapp ausweichen können, bevor er uns auf die Schippe nimmt.
Dank Fuchur und unserem treuen mechanischen Windpiloten meistern wir die Überfahrt sicher, auch wenn das Schlafdefizit spürbar wächst. Schließlich erreichen wir die englische Küste – erschöpft, aber stolz. Vor allem, weil wir es unter Segeln und ohne Motor geschafft haben. Ein echter Meilenstein für uns! Da ist die Straße von Dover bei 3 Knoten Gegenstrom in der Nacht doch fast ein Klacks.
Ankommen vor England
Vor Anker vor den Seven Sisters – wegen 7 Metern Tidenhub mit 50 Metern gesteckter Kette (das Manöver bei 2 Knoten Querstrom eine Sache für sich) – genießen wir endlich den Moment: England voraus, die Sonne verabschiedet sich monumental hinter dem Kliff zu unserer Rechten, und das beruhigende Gefühl, den ersten großen Sprung geschafft zu haben. Wir dachten immer: „Sowas machen doch nur Profis, nicht wir!“
Also erstmal eine Blitzdusche im Cockpit (brrr), Kartoffeln mit Solarkraft backen und ein freundliches Einklarierungsgespräch per Telefon zur Bestätigung der eingereichten Formulare. Heute stehen nur noch ein paar ernste Mitarbeitergespräche mit den ewig im Clinch liegenden Crewmitgliedern Starlink und NordVPN an, das AIS braucht Zuwendung und dem Autopiloten müssen wir hoffentlich schlicht mal die Meinung sagen und ihm eine kalte Dusche verpassen– bevor es kurz vor Sonnenuntergang weiter Richtung Westen geht. Wind, Welle und Strömung sind sich einig: Wir sind hier nur auf Zeit geduldet. Die Pläne macht letztendlich die Natur.
Fazit
Einmal Nordsee mit allem, bitte – Sturm, Regen, Schiffe, Schlafmangel, Nervenkitzel, Stolz und Sonnenaufgang inklusive. Und wenn der Weg nach Texel aussieht wie eine Gebirgswanderung und man nachts beim Frachter-Slalom das Schwitzen lernt, dann weiß man: Der Ärmelkanal hat uns nicht geschluckt. Fuchur fliegt – und wir mit ihm. Weiter geht’s!
Wir sind unterwegs – und doch irgendwie nicht. Der Regen fällt gleichmäßig auf Deck, der Wind lässt auf sich warten, und selbst die erfahrensten Segler hier im NOK zucken mit den Schultern. Kein Durchkommen, kein Schlupfloch, kein verlässlicher Plan.
Wir dachten, der Aufbruch wäre ein klarer Schnitt. Aber auf der Karte sieht es so aus, als hätten wir unser Zuhause nie wirklich verlassen. Und mitten in diesem „Nicht ganz weg, nicht ganz da“ fehlt ausgerechnet das eine kleine Kabel, um das AIS zu updaten – ausgemistet, aussortiert, abgehakt.
Dafür ist ein Song entstanden: „Still in the Wake“ – ein langsamer Klang aus Nebel, Diesel, Regen und dieser seltsamen Stille zwischen zwei Welten.
Alles ist irgendwie bzw. irgendwo verstaut und zumindest seefest verzurrt. Klar, da ist noch viel Luft nach oben, bis alles seinen endgültigen Platz gefunden hat. Aber es kann losgehen – tatsächlich weit vor dem ursprünglich gewünschten Termin. Das Projektmanagement (und sich daran halten) zahlt sich aus:-). Fuchur hat leichte Schlagseite nach Backbord (links) und man spürt seine Unruhe. Morgen in aller Frühe geht es endlich los. Fuchur wird sich mit dem ersten Licht in die Ostsee hinaus schieben, voraussichtlich mit ordentlich Wind und Welle im Rücken. Die Alternative wäre, am Mittwoch zu wenig Wind oder danach gegenan – also los! Die Pläne macht am Ende der Wind.
Unser Ziel für den ersten Tag: bis vor die Schleuse in Kiel-Holtenau. Dann weiter durch den Nord-Ostsee-Kanal – die Autobahn Richtung Nordsee.
Der eigentliche Blogbeitrag zum Start?
Der neue Song. „Here we go“, anklicken und mitsegeln:
Tatsächlich sind wir sogar bis in den Kanal gekommen.
Die wichtigsten Vorbereitungen an Bord sind erledigt. Fuchur steht gut geschützt und trocken in der Halle. Was dort bis jetzt nicht in Angriff genommen wurde, muss unterwegs erledigt werden, denn fertig ist man sowieso nie. Unsere Do-Listen neigen eher dazu, länger als kürzer zu werden. Vieles davon ist Pflicht, aber einiges auch Kür. Eine Architektin und ein Maschinenbau-Ingenieur mit viel Kreativität im Blut halt – da gehen die Ideen nie aus, was es noch zu verbessern und verschönern gibt.
Doch auch zu Hause wartet noch ein Berg an Aufgaben, bevor wir in ein paar Wochen endlich die Leinen loswerfen können. Eine davon war, diesen Blog zum Leben zu erwecken. Wenn ihr diese Zeilen lest, haben wir einen großen Schritt nach vorn gemacht 😉
Das Erdenken und Gestalten der Website war ein Abenteuer für sich. Was wollen wir mit dem Blog erreichen? Wie ausführlich darf er sein, ohne dass wir uns von Fragen wie „Was schreibe ich bloß als Nächstes?“ oder „Bis wann muss das online sein?“ unter Druck setzen lassen? Wen möchten wir ansprechen, und wer möchte mit auf die Reise? Letztendlich haben wir alles selbst gebaut und es erstmal einfach gehalten – ein guter Anfang, auch wenn wir uns manches moderner vorgestellt hätten.
Unser Testlauf in Norwegen 2021 hat uns gezeigt, wie aufwendig selbst kleine Projekte sein können: Videomaterial filmen, Daten verwalten, Filme schneiden – das kann schnell zum Vollzeitjob werden. Solche Projekte verändern den Blick auf das, was gerade geschieht – im Guten wie im Schlechten.
Was wir zukünftig öffentlich machen, wird sich unterwegs zeigen. Fest geplant ist eine Art „Postkartenmodus“ zu verschiedenen Kategorien wie:
Segeln („Was ging mal wieder schief?“)
Landgänge („Schau sich einer das an!“)
Bootsprojekte („Wieder mal länger gedauert!“)
Küchenzeilen („Lecker und so!“)
Kinderkram („Ernstes und Lustiges für alle!“)
Architektour und Baurecht („Ja, ich liebe meinen Beruf!“)
Musik („Gitarre, E-Piano und Kleininstrumente reisen mit“).
Wir wollen Euch die Reise und den Alltag auf unserem Segelboot näherbringen – von den Herausforderungen bis hin zu den magischen Momenten. Wenn ihr nichts verpassen wollt, tragt euch gerne in unsere Newsletterliste ein. (Man kann sich natürlich auch jederzeit wieder abmelden.)
Abgesehen davon gibt es noch einiges zu organisieren: Dokumente müssen beschafft, Versicherungen abgeschlossen und die Finanzen sortiert werden. Gleichzeitig bereiten wir unser Haus für die Untermieter vor – nicht nur Ordnung schaffen, sondern auch Ballast loswerden. Im Gegenzug stehen endlose Bestellungen an, die abgearbeitet werden müssen.
Und dann ist da noch der Abschied vom bisherigen Leben: ein Ausstieg aus einem geschätzten Berufsalltag und von großartigen Kollegen, die uns all die Jahre begleitet haben. Auch das will gut vorbereitet sein – ein Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge, der den Blick auf die kommenden Abenteuer frei macht.
Während unsere Bootsprojekte in der Vergangenheit zwar auch intensiv bearbeitet wurden, aber es noch ein Gefühl von „nebenher“ gab, haben wir 2024 jede freie Minute mit Werkeln und Basteln verbracht. Die Saison stand ganz im Zeichen der großen und kleinen Baustellen..
Nach einem kurzen Nachbesserungs-Zwangsaufenthalt in der Werft zum Ende des Winters war Fuchur früh wieder im Wasser – und blieb bis Anfang November im Einsatz. Dazwischen gab es Platz für große und kleine Projekte, unerwartete neue Großbaustellen und längst ad acta Gelegtes. Aus unserem ursprünglichen Plan, „es uns nur noch wohnlich zu machen und den Wassermacher einzubauen“, wurde – natürlich – nichts.
Unser Wochenend-Alltag glich einer Routine aus Improvisation und Organisation:
Morgens: Spätestens um 6 Uhr räumten wir die Achterkabine leer und stapelten alles ins Vorschiff, um Platz für die Arbeiten zu schaffen.
Tagsüber: Bohrer, Schrauben und Werkzeug, Sägespäne, Schweiß……
Abends: Nach 12 Stunden Arbeit alles zurückräumen, totmüde, aber zufrieden in die Koje fallen – immer mit dem Bewusstsein im Kopf, doch niemals „fertig“ zu werden.
Zum Glück konnten wir fast jedes Wochenende von Freitag bis Montag an Bord sein und ab und zu auch unter der Woche – schließlich ist Fuchur schon seit fast 9 Jahren unser zweites Zuhause, nur wenige Kilometer vom „großen“ Zuhause und der Arbeitsstelle entfernt.
Selbst unsere dieses Jahr sehr spärlich bemessene Reisezeit wurde von Baustellen begleitet. Innerhalb einer Woche segelten wir von Fehmarn nach Rügen, über Barth (potentielle gebrauchte Teile begutachten) rund um Hiddensee (just for fun) und wieder zurück. Unterwegs hatten wir unvergessliche Momente mit der Familie, die mit ihrem eigenen Boot dabei war. Doch selbst vor Anker gab es immer etwas zu tun. Wir waren eine Wanderbaustelle. Der Dodger wurde erst unterwegs wirklich einsatzklar. Also alles normal. Wir übten schon einmal, wie es ist, sein Boot an den schönsten Orten der Welt zu reparieren..
Die Belohnung für all die Arbeit: Mit einem traumhaften Heimatausblick vom Außensteg in Ortmühle gegenüber vom Graswarder in Heiligenhafen erlebten wir unter anderem die ersten Polarlichter unseres Lebens – ein magischer Moment, den wir nie vergessen werden. Das macht Lust auf mehr.
Projekte 2024 – ein kleiner Ausschnitt (der Rest war ja schon vorher erledigt):
Aufbau eines neuen Hard-Dodgers und Biminis mit zusätzlicher Solarfläche Neuaufbau des Decksbelags Ausbau der Pantry mit Teleskopschubladen, neuem Herd, neuer Kühlbox…. Einbau des Wassermachers. Neues Ordnungssystem in der Achterkabine Platz für das E-Piano! Ergänzung der Elektrik und Optimierung des Stauraums überall….
Können wir auf Fuchur fast ein halbes Jahr lang mit wenig Landgang den Alltag bewältigen? Ist Norwegen vom Wasser aus wirklich so monumental und beeindruckend, wie wir es von Land aus in Erinnerung hatten? Ist unser Boot für solche Reisen geeignet? Und würden wir danach vielleicht eine tiefe Sehnsucht nach mehr davon verspüren?
Die Antwort auf all diese Fragen war ein begeistertes „Ja!“.
Mit unserem Glücksdrachen haben wir die majestätischen norwegischen Fjorde und die Ausläufer des Atlantiks erkundet. Wir haben Ankerplätze mitten im Nirgendwo gefunden, die uns das Gefühl gaben, genau dort hinzugehören. Wir haben den besonderen Rhythmus des Bordalltags kennengelernt – bestimmt von Wetter, Wind, Gezeiten und Strömungen, Anpassung an unbekanntes Terrain und den äußeren Abhängigkeiten des Lebens auf See. Dabei haben wir nicht nur viel über die Grenzen und Möglichkeiten unseres Bootes gelernt, sondern auch einiges über uns selbst.
In den folgenden zwei Jahren haben wir uns weiterhin von der Faszination des Wassers leiten lassen. Im klassischen Saisonmodus – aber mit einem Fokus auf Ankern und Nachtfahrten – haben wir die dänische Südsee sowie die west- und ostschwedischen Schären erkundet. Gleichzeitig haben wir in unserer schleswig-holsteinischen Heimat kontinuierlich an der Langfahrttauglichkeit von Fuchur gearbeitet.
Der Gedanke, die gewohnte Spur für mehrere Jahre zu verlassen, um mit Fuchur auf Reisen zu gehen, hat sich bereits in Norwegen unwiderruflich in unseren Herzen festgesetzt. Die Vorbereitung darauf ist der Anfang unserer Geschichte.