Wir sind unterwegs – und doch irgendwie nicht. Der Regen fällt gleichmäßig auf Deck, der Wind lässt auf sich warten, und selbst die erfahrensten Segler hier im NOK zucken mit den Schultern. Kein Durchkommen, kein Schlupfloch, kein verlässlicher Plan.
Wir dachten, der Aufbruch wäre ein klarer Schnitt. Aber auf der Karte sieht es so aus, als hätten wir unser Zuhause nie wirklich verlassen. Und mitten in diesem „Nicht ganz weg, nicht ganz da“ fehlt ausgerechnet das eine kleine Kabel, um das AIS zu updaten – ausgemistet, aussortiert, abgehakt.
Dafür ist ein Song entstanden: „Still in the Wake“ – ein langsamer Klang aus Nebel, Diesel, Regen und dieser seltsamen Stille zwischen zwei Welten.
Alles ist irgendwie bzw. irgendwo verstaut und zumindest seefest verzurrt. Klar, da ist noch viel Luft nach oben, bis alles seinen endgültigen Platz gefunden hat. Aber es kann losgehen – tatsächlich weit vor dem ursprünglich gewünschten Termin. Das Projektmanagement (und sich daran halten) zahlt sich aus:-). Fuchur hat leichte Schlagseite nach Backbord (links) und man spürt seine Unruhe. Morgen in aller Frühe geht es endlich los. Fuchur wird sich mit dem ersten Licht in die Ostsee hinaus schieben, voraussichtlich mit ordentlich Wind und Welle im Rücken. Die Alternative wäre, am Mittwoch zu wenig Wind oder danach gegenan – also los! Die Pläne macht am Ende der Wind.
Unser Ziel für den ersten Tag: bis vor die Schleuse in Kiel-Holtenau. Dann weiter durch den Nord-Ostsee-Kanal – die Autobahn Richtung Nordsee.
Der eigentliche Blogbeitrag zum Start?
Der neue Song. „Here we go“, anklicken und mitsegeln:
Tatsächlich sind wir sogar bis in den Kanal gekommen.
Die wichtigsten Vorbereitungen an Bord sind erledigt. Fuchur steht gut geschützt und trocken in der Halle. Was dort bis jetzt nicht in Angriff genommen wurde, muss unterwegs erledigt werden, denn fertig ist man sowieso nie. Unsere Do-Listen neigen eher dazu, länger als kürzer zu werden. Vieles davon ist Pflicht, aber einiges auch Kür. Eine Architektin und ein Maschinenbau-Ingenieur mit viel Kreativität im Blut halt – da gehen die Ideen nie aus, was es noch zu verbessern und verschönern gibt.
Doch auch zu Hause wartet noch ein Berg an Aufgaben, bevor wir in ein paar Wochen endlich die Leinen loswerfen können. Eine davon war, diesen Blog zum Leben zu erwecken. Wenn ihr diese Zeilen lest, haben wir einen großen Schritt nach vorn gemacht 😉
Das Erdenken und Gestalten der Website war ein Abenteuer für sich. Was wollen wir mit dem Blog erreichen? Wie ausführlich darf er sein, ohne dass wir uns von Fragen wie „Was schreibe ich bloß als Nächstes?“ oder „Bis wann muss das online sein?“ unter Druck setzen lassen? Wen möchten wir ansprechen, und wer möchte mit auf die Reise? Letztendlich haben wir alles selbst gebaut und es erstmal einfach gehalten – ein guter Anfang, auch wenn wir uns manches moderner vorgestellt hätten.
Unser Testlauf in Norwegen 2021 hat uns gezeigt, wie aufwendig selbst kleine Projekte sein können: Videomaterial filmen, Daten verwalten, Filme schneiden – das kann schnell zum Vollzeitjob werden. Solche Projekte verändern den Blick auf das, was gerade geschieht – im Guten wie im Schlechten.
Was wir zukünftig öffentlich machen, wird sich unterwegs zeigen. Fest geplant ist eine Art „Postkartenmodus“ zu verschiedenen Kategorien wie:
Segeln („Was ging mal wieder schief?“)
Landgänge („Schau sich einer das an!“)
Bootsprojekte („Wieder mal länger gedauert!“)
Küchenzeilen („Lecker und so!“)
Kinderkram („Ernstes und Lustiges für alle!“)
Architektour und Baurecht („Ja, ich liebe meinen Beruf!“)
Musik („Gitarre, E-Piano und Kleininstrumente reisen mit“).
Wir wollen Euch die Reise und den Alltag auf unserem Segelboot näherbringen – von den Herausforderungen bis hin zu den magischen Momenten. Wenn ihr nichts verpassen wollt, tragt euch gerne in unsere Newsletterliste ein. (Man kann sich natürlich auch jederzeit wieder abmelden.)
Abgesehen davon gibt es noch einiges zu organisieren: Dokumente müssen beschafft, Versicherungen abgeschlossen und die Finanzen sortiert werden. Gleichzeitig bereiten wir unser Haus für die Untermieter vor – nicht nur Ordnung schaffen, sondern auch Ballast loswerden. Im Gegenzug stehen endlose Bestellungen an, die abgearbeitet werden müssen.
Und dann ist da noch der Abschied vom bisherigen Leben: ein Ausstieg aus einem geschätzten Berufsalltag und von großartigen Kollegen, die uns all die Jahre begleitet haben. Auch das will gut vorbereitet sein – ein Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge, der den Blick auf die kommenden Abenteuer frei macht.
Während unsere Bootsprojekte in der Vergangenheit zwar auch intensiv bearbeitet wurden, aber es noch ein Gefühl von „nebenher“ gab, haben wir 2024 jede freie Minute mit Werkeln und Basteln verbracht. Die Saison stand ganz im Zeichen der großen und kleinen Baustellen..
Nach einem kurzen Nachbesserungs-Zwangsaufenthalt in der Werft zum Ende des Winters war Fuchur früh wieder im Wasser – und blieb bis Anfang November im Einsatz. Dazwischen gab es Platz für große und kleine Projekte, unerwartete neue Großbaustellen und längst ad acta Gelegtes. Aus unserem ursprünglichen Plan, „es uns nur noch wohnlich zu machen und den Wassermacher einzubauen“, wurde – natürlich – nichts.
Unser Wochenend-Alltag glich einer Routine aus Improvisation und Organisation:
Morgens: Spätestens um 6 Uhr räumten wir die Achterkabine leer und stapelten alles ins Vorschiff, um Platz für die Arbeiten zu schaffen.
Tagsüber: Bohrer, Schrauben und Werkzeug, Sägespäne, Schweiß……
Abends: Nach 12 Stunden Arbeit alles zurückräumen, totmüde, aber zufrieden in die Koje fallen – immer mit dem Bewusstsein im Kopf, doch niemals „fertig“ zu werden.
Zum Glück konnten wir fast jedes Wochenende von Freitag bis Montag an Bord sein und ab und zu auch unter der Woche – schließlich ist Fuchur schon seit fast 9 Jahren unser zweites Zuhause, nur wenige Kilometer vom „großen“ Zuhause und der Arbeitsstelle entfernt.
Selbst unsere dieses Jahr sehr spärlich bemessene Reisezeit wurde von Baustellen begleitet. Innerhalb einer Woche segelten wir von Fehmarn nach Rügen, über Barth (potentielle gebrauchte Teile begutachten) rund um Hiddensee (just for fun) und wieder zurück. Unterwegs hatten wir unvergessliche Momente mit der Familie, die mit ihrem eigenen Boot dabei war. Doch selbst vor Anker gab es immer etwas zu tun. Wir waren eine Wanderbaustelle. Der Dodger wurde erst unterwegs wirklich einsatzklar. Also alles normal. Wir übten schon einmal, wie es ist, sein Boot an den schönsten Orten der Welt zu reparieren..
Die Belohnung für all die Arbeit: Mit einem traumhaften Heimatausblick vom Außensteg in Ortmühle gegenüber vom Graswarder in Heiligenhafen erlebten wir unter anderem die ersten Polarlichter unseres Lebens – ein magischer Moment, den wir nie vergessen werden. Das macht Lust auf mehr.
Projekte 2024 – ein kleiner Ausschnitt (der Rest war ja schon vorher erledigt):
Aufbau eines neuen Hard-Dodgers und Biminis mit zusätzlicher Solarfläche Neuaufbau des Decksbelags Ausbau der Pantry mit Teleskopschubladen, neuem Herd, neuer Kühlbox…. Einbau des Wassermachers. Neues Ordnungssystem in der Achterkabine Platz für das E-Piano! Ergänzung der Elektrik und Optimierung des Stauraums überall….
Können wir auf Fuchur fast ein halbes Jahr lang mit wenig Landgang den Alltag bewältigen? Ist Norwegen vom Wasser aus wirklich so monumental und beeindruckend, wie wir es von Land aus in Erinnerung hatten? Ist unser Boot für solche Reisen geeignet? Und würden wir danach vielleicht eine tiefe Sehnsucht nach mehr davon verspüren?
Die Antwort auf all diese Fragen war ein begeistertes „Ja!“.
Mit unserem Glücksdrachen haben wir die majestätischen norwegischen Fjorde und die Ausläufer des Atlantiks erkundet. Wir haben Ankerplätze mitten im Nirgendwo gefunden, die uns das Gefühl gaben, genau dort hinzugehören. Wir haben den besonderen Rhythmus des Bordalltags kennengelernt – bestimmt von Wetter, Wind, Gezeiten und Strömungen, Anpassung an unbekanntes Terrain und den äußeren Abhängigkeiten des Lebens auf See. Dabei haben wir nicht nur viel über die Grenzen und Möglichkeiten unseres Bootes gelernt, sondern auch einiges über uns selbst.
In den folgenden zwei Jahren haben wir uns weiterhin von der Faszination des Wassers leiten lassen. Im klassischen Saisonmodus – aber mit einem Fokus auf Ankern und Nachtfahrten – haben wir die dänische Südsee sowie die west- und ostschwedischen Schären erkundet. Gleichzeitig haben wir in unserer schleswig-holsteinischen Heimat kontinuierlich an der Langfahrttauglichkeit von Fuchur gearbeitet.
Der Gedanke, die gewohnte Spur für mehrere Jahre zu verlassen, um mit Fuchur auf Reisen zu gehen, hat sich bereits in Norwegen unwiderruflich in unseren Herzen festgesetzt. Die Vorbereitung darauf ist der Anfang unserer Geschichte.